Autor: Aufgeregt kam Lilly angelaufen. Sie war ganz außer Atem.
Lilly: Wisst ihr, was ich gerade gesehen haben? Unter dem Tannenbaum in der Schlosshalle liegen schon die ersten Geschenke. Ist das nicht aufregend?
Pauli: Was für Geschenke denn?
Lilly: Na, die Weihnachtsgeschenke.
Pauli: Sind das die Geburtstagsgeschenke für Jesus?
Lilly: Nein, an Weihnachten beschenken sich die Menschen gegenseitig. Vor allem die Kinder bekommen immer ganz viele Geschenke.
Pauli: Die Kinder? Aber die haben doch gar nicht Geburtstag. Warum bekommen denn an Weihnachten die Geburtstagsgäste die Geschenke und nicht das Geburtstagskind? Das finde ich komisch.
Lilly: Stimmt, eigentlich hast du Recht, so habe ich das noch nie gesehen.
Karl: Aber ist nicht gerade das das Ziel von Weihnachten? Schließlich ist Jesus ja nicht auf die Erde gekommen, um sich von den Menschen bedienen oder beschenken zu lassen, sondern er selbst ist das größte Geschenk, das den Menschen jemals gemacht wurde. Das Geschenk Gottes aus dem Himmel.
Pauli: Stimmt. Beschenken sich die Menschen deswegen an Weihnachten gegenseitig?
Karl: Ich glaube, das war zumindest mal der eigentliche Zielgedanke der Weihnachtsgeschenke, aber leider hat sich das im Laufe der Zeit immer mehr geändert. Oft geht es den Menschen an Weihnachten nur noch um die Geschenke oder das ganze Drumherum, sodass sie das eigentliche Weihnachtsgeschenk vergessen.
Lilly: So sehr, dass ihnen noch nicht einmal auffällt, dass das Jesuskind in der Krippe fehlt.
Pauli: Hat denn Jesus dann gar keine Geburtstagsgeschenke bekommen?
Karl: Doch, zu seiner Geburt hat er tatsächlich auch Geschenke bekommen. Und zwar von den Weisen aus dem Morgenland.
Pauli: Ach ja, das hattest du glaube ich schon mal gesagt. Und was für Geschenke?
Karl: Gold, Weihrauch und Myrrhe.
Lilly: Gold, weil er der größte König der Welt war.
Karl: Richtig. Und Weihrauch, weil er ein Priester war – also einer, der die Menschen zu Gott führen sollte, sodass sie mit ihm Gemeinschaft haben konnten. Weihrauch wurde damals viel von Priestern gebraucht.
Pauli: Und Möhren, weil die gut für die Augen sind.
Karl: (lacht) Nein, Pauli! Doch keine Möhren! Myrrhe.
Pauli: Ach so. Was ist denn Myrrhe?
Karl: Das ist das bittere Öl oder Harz des Myrrhe Strauches.
Lilly: Bitter? Warum schenkt man einem Kind denn ein bitteres Öl?
Karl: Myrrhe war damals etwas sehr Kostbares, genauso wie Gold und Weihrauch auch. Außerdem schützt es vor Krankheitserregern.
Lilly: Das hatte Jesus in der schmutzigen Krippe dann ja auch nötig.
Karl: (lacht) Stimmt. Aber ich kann mir vorstellen, dass es auch noch eine tiefere Bedeutung hatte. In der Bibel können wir lesen, dass die Israeliten ein heiliges Salböl aus ganz besonderen Zutaten herstellen sollten. Unter anderem ganz viel Myrrhe. Mit diesem Öl sollten sie dann alle Geräte salben, die sie für den Gottesdienst brauchten: Den Altar, die Bundeslade, die Stiftshütte und so weiter. Und auch die Priester selbst, die den Gottesdienst durchführten, wurden mit diesem Öl gesalbt. Gott hatte gesagt, dass alles heilig sein würde, dass mit diesem Öl begossen wurde.
Pauli: Dann war es also auch ein Zeichen dafür, dass Jesus ein Priester war?
Karl: Ich denke schon. Und es kommt noch besser. Der verheißene Retter, der von Gott versprochen wurde und auf den die Menschen warteten, wurde von Gott als „Messias“ bezeichnet, oder griechisch „Christus“. Das heißt übersetzt „der Gesalbte“.
Lilly: Aah! Dann bedeutet das Geschenk, dass er der versprochene Retter ist.
Karl: Aber es kann auch noch eine Bedeutung haben.
Pauli: Noch eine? Das du dir das alles merken kannst.
Karl: Schon viele Jahrhunderte davor benutzten die Ägypter das Myrrhe-Harz, um ihre Toten einzubalsamieren, damit sie nicht so schnell verwesen. Und auch zu Jesu Zeiten war diese Sitte noch üblich. Vielleicht wollte Gott damit schon andeuten, dass das kleine Kind in der Krippe eigentlich gekommen war, um für die Menschen zu sterben. Und tatsächlich – als Jesus dann starb, balsamierte ein reicher Mann ihn mit ganz viel Myrrhe und Aloe ein. So war die bittere Myrrhe das erste und das letzte Geschenk, dass Jesus auf dieser Erde bekam.
Lilly: Dann hatte er ja ein richtig bitteres Leben. Wie gut, dass Jesus nicht tot geblieben, sondern wieder auferstanden ist.
Karl: Genau. Und danach ist er zurück zu Gott in den Himmel gegangen, wo es nie mehr bitter sein wird. Denn Bitteres gibt es nur auf der Erde, aber nicht im Himmel.