Autor: Langsam stapften die drei Mäuse durch den hohen Schnee im Innenhof in Richtung Stallung. Heute wollten sie dem alten Klepper mal wieder einen kleinen Besuch abstatten und dabei die Stallung nach der verschwundenen Krippenfigur durchsuchen. Der alte Klepper freute sich sehr über ihren Besuch. Da er nur noch selten gebraucht wurde und oft tagelang im Stall herumstand, war ihm jede Abwechslung willkommen. Er sang ihnen sogar ein altes Weihnachtslied vor, das ihm seine Mutter beigebracht hatte, als er noch ein junges Fohlen war. Danach teilten sich die Freunde auf und jeder durchsuchte seinen Teil nach der Jesusfigur. Leider erfolglos.
Karl: (seufzt) Hier ist Jesus auch nicht.
Lilly: Schade. Die Hirten fanden ihn damals im Stall, aber wir müssen ihn woanders suchen.
Pauli: In so einem Stall wurde er geboren? Der Stall in der Schlosshalle sah aber viel sauberer und gemütlicher aus.
Karl: Ja, einen echten Stall wollen sich die Menschen wahrscheinlich auch nur ungern ins Wohnzimmer stellen. Sie mögen es, wenn es gemütlich und romantisch aussieht, aber in echt war der Stall damals alles andere als gemütlich oder romantisch.
Pauli: Warum wurde Jesus denn im Stall geboren und nicht in einem Haus?
Klepper: Ich wurde doch auch in einem Stall geboren.
Lilly: (lacht) Ja, Klepper, du bist aber auch ein Pferd. Für Pferde ist das normal, aber für Menschen nicht.
Klepper: Warum denn nicht?
Karl: Die Menschen sind bei der Geburt viel schwächer, hilfsbedürftiger und anfälliger für Krankheiten als wir Tiere.
Klepper: Das stimmt. Wir Pferde können schon vom ersten Tag an selber gehen, während die Menschen ihre Babys noch Monate lang mit sich rumtragen.
Karl: Und deshalb ist so ein schmutziger Stall nicht der richtige Ort für die Geburt eines Menschen.
Pauli: Hatten Maria und Josef denn kein Haus, wo Jesus geboren werden könnte?
Lilly: Doch, bestimmt. Josef war ja Zimmermann, aber sie mussten doch nach Betlehem reisen.
Pauli: Nach Betlehem? Warum denn?
Karl: Damals hatte der Kaiser den Befehl gegeben, dass jeder in seine Heimatstadt reisen musste, um sich in eine Liste einzutragen. Es ging ihm dabei vor allem um die Steuern, die die Menschen ihm zahlen sollten. Und da Josef aus der Stadt Betlehem war, musste er mit Maria nach Betlehem reisen. Im Übrigen hatte Gott schon Jahrhunderte vorher gesagt, dass sein Sohn in Betlehem geboren werden sollte. Der Befehl des Kaisers hatte also dazu geführt, dass sich diese Vorhersage erfüllte.
Lilly: Wusste der Kaiser davon?
Karl: Nein, wahrscheinlich hat er es auch nie erfahren, aber Gott gebraucht Menschen auch manchmal, ohne dass sie es wissen.
Pauli: Aber in Betlehem gab es doch bestimmt auch Häuser, in denen Josef und Maria rein gehen könnten, oder?
Karl: Tatsächlich haben sie das auch erstmal versucht. Aber es waren einfach zu viele Menschen in Betlehem, sodass alle Herbergen schon überfüllt waren und nirgends ein Platz für Josef und Maria gefunden wurde – nur in einem schmutzigen Stall.
Pauli: Eine Frechheit ist das! Da kommt Josef in seine Heimatstadt und muss in einem Stall übernachten. Das nenne ich mal einen Empfang.
Karl: Du hast recht, Pauli. Das war ein sehr unwürdiger Empfang für Josef, aber noch unwürdiger war er für Jesus. Denn schließlich war er der Schöpfer.
Lilly: Das stimmt. Wenn er der Schöpfer war, dann gehörte ihm ja alles. Das ganze Land, die ganze Stadt und alle Menschen in der Stadt. Aber die Menschen ließen ihn einfach nicht rein.
Karl: Genau. Die Bibel drückt das in einem Vers so aus: „Er kam dorthin, wo ihm alles gehörte. Doch die, die ihm gehörten, bereiteten ihm keinen Empfang.“
Pauli: Das wäre ja fast so, als wenn Prinz Friedrich geboren wäre, aber in der ganzen Burg und im ganzen Dorf Semmelstädt wäre kein Platz für ihn.
Lilly: Nur in einer alten Scheune.
Pauli: Das würde aber König Heinrich Theodor Siegfried der Ängstliche niemals zulassen.
Karl: Aber Gott ließ das zu. Denn Gott drängt sich niemandem auf. Er möchte, dass die Menschen ihn freiwillig aufnehmen, und beschenkt sie reich. Deswegen heißt es im nächsten Vers: „Allen aber, die ihn aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben“. Und das kann man immer noch.