Autor: Diesmal war es Karl August Baltasar, der es kaum abwarten konnte, bis es endlich los ging. Heute war wie versprochen die Bibliothek an der Reihe. Und das war sein absoluter Lieblingsort. Oft konnte er sich stundenlang dort aufhalten und in irgendwelchen alten Büchern schmökern und vergaß dabei manchmal sogar zu essen. Heute war er besonders gespannt darauf, dem Geheimnis des Schnees auf die Spur zu kommen.
Karl: Da sind wir endlich. Seht nur, wie schön die hohen Bücherregale aussehen. Eine wahre Schatzkammer. Und dieser Duft erst… (er schnüffelt)
Lilly: Ich weiß nicht, was du diesem Raum abgewinnen kannst. Ich finde es riecht nur nach alten, verstaubten Büchern.
Karl: Eben. Ist dieser Geruch nicht herrlich?
Pauli: Und du meinst, dass in irgendeinem dieser Bücher geschrieben steht, warum es schneit?
Karl: Ich hoffe es und ich habe auch schon ein Buch in Verdacht, wo ich mir vorstellen könnte, fündig zu werden.
Autor: Schon kletterte Karl August Baltasar auf eins der zahlreichen Regale und zerrte ein dickes Exemplar heraus. Sofort fing er an, eifrig darin zu blättern. Standen da interessante Dinge drin! Warum im Winter die Tage kürzer und die Nächte länger sind als im Sommer, warum der See nur oben zufriert, warum im Herbst die Blätter bunt werden und abfallen, und vieles anderes mehr. Bald war Karl August Baltasar ganz in seine Lektüre vertieft.
Lilly: Komm, Pauli, mit dem können wir in den nächsten paar Stunden nichts mehr anfangen. Lasst uns lieber „dreimal um die Welt“ spielen.
Autor: Mit „dreimal um die Welt“ meinte Lilly ein Spiel, dass sie und Pauli immer spielten, wenn Karl August Baltasar sich mal wieder mit Lesen beschäftigte. Das war ihre Lieblingsbeschäftigung in der Bibliothek. Die beiden gingen über den weichen Teppich in Richtung Kamin. Dort standen ein niedriger Eichentisch und zwei schwere Ohrensessel. Und hinter den beiden Sesseln war noch ein kleiner, unscheinbarer Tisch, auf dem ein großer, bunter Globus stand. Da wollten die beiden hin. Das Spiel bestand darin, dass eine Maus auf den Globus kletterte und anfing zu laufen. Dadurch fing der bunte Ball unter ihren Füßen immer an, sich zu drehen. Die zweite Maus stand daneben und zählte, wie lange es dauerte, bis die Welt sich dreimal gedreht hatte. Danach wechselten die Mäuse die Aufgaben. Wer schneller war, hatte gewonnen. Das war ein lustiges Spiel, mit dem man mühelos einige Stunden füllen konnte.
Pauli: Lilly, warum heißt das Spiel eigentlich „dreimal um die Welt?“
Lilly: Na, weil man so lange läuft, bis sich die Welt drei Mal gedreht hat.
Pauli: Aber es dreht sich doch gar nicht die Welt, sondern nur dieser Ball.
Lilly: Ja, natürlich, aber der Ball stellt ja die Welt da.
Pauli: Wirklich? So sieht unsere Welt aus? Aber da passt doch niemals unsere Burg drauf. Die würde doch sofort runterfallen.
Lilly: (lacht) Natürlich ist die Welt viel größer. Die Menschen bauen nur solche Kugeln, damit sie sich vorstellen können, wie die Welt aussieht. Sie nennen diese Kugeln dann Globus.
Pauli: Was du alles weißt. Hast du das auch gelesen?
Lilly: Nein, ich kann doch nicht lesen. Das hat mir alles Karl August Baltasar erzählt.
Pauli: Mmh, meinst du, für Gott sieht die Welt auch so klein aus?
Lilly: O, ich denke noch viel kleiner.
Pauli: Noch kleiner? Wow. Und irgendwo auf dieser Welt sind wir.
Lilly: Warte, Karl August Baltasar hat mir mal gezeigt, wo unsere Burg ungefähr liegt. Ich hoffe ich finde es jetzt wieder.
Autor: Langsam kletterte Lilly auf dem Globus herum und drehte ihn, bis sie plötzlich auf eine kleine, grüne Stelle zeigte.
Lilly: Da! Da müsste ungefähr das Land sein, in dem sich unser Königreich befindet.
Pauli: So klein? Und irgendwo in dem Königreich steht unsere Burg und in der Burg sind wir. So klein wie ein Staubkorn.
Lilly: Noch viel kleiner.
Pauli: Wie eine Schnurrhaarspitze?
Lilly: Kleiner.
Pauli: Kleiner kann ich mir das gar nicht vorstellen.
Lilly: Ich auch nicht.
Autor: Einige Zeit saßen die beiden schweigend nebeneinander und betrachteten staunend den bunten Globus vor ihnen.
Pauli: Weißt du, was ich stark finde, Lilly?
Lilly: Was denn?
Pauli: Dass Gott uns trotzdem kennt und immer sieht. Obwohl wir für ihn so winzig klein sind.
Lilly: Das stimmt. Und er kennt uns nicht nur, sondern er liebt uns auch. So sehr, dass er selbst so winzig klein wurde und auf dieser Welt lebte.
Pauli: Da muss er uns wirklich sehr liebhaben.