Autor: Ein eisiger Wind pfiff den Mäusen um die Ohren, als sie die hohe Burgmauer betraten.
Lilly: Hui, ist das aber windig hier oben!
Karl: Da merkt man erst, wie sehr die Mauer uns schützt. Nicht nur vor Feinden, sondern auch vor Wind.
Pauli: Jetzt sind wir dem Wind schutzlos ausgeliefert. Man muss sich richtig gut festhalten, damit der Wind einen nicht von der Mauer pustet.
Karl: Dafür haben wir von hier aus, einen wunderbaren Überblick über den gesamten Innenhof, ohne selbst gesehen zu werden. Und wenn wir einmal rings herumgelaufen sind, haben wir jeden Winkel einmal gesehen.
Autor: Schon liefen sie los. Zum Glück hatte die Mauer von Burg Semmelstädt kaum Zinnen, sonst wäre der Rundlauf ein reinstes Auf und Ab gewesen. Für Pauli war es das erste Mal, dass er einmal über die komplette Mauer rannte. Neugierig warf er hier und da zaghafte Blicke über den Rand der Mauer.
Pauli: Da ist ja ein tiefer Graber neben der Mauer. Läuft der auch um die ganze Burg herum?
Lilly: Ja, das ist der Burggraben.
Karl: So hat man einen doppelten Schutz um die Burg: Die hohe Mauer und den tiefen Graben.
Lilly: Wenn es viel geregnet hat, sammelt sich manchmal sogar das Wasser darin.
Pauli: Und wie kommt man in die Burg, wenn überall ein Graben ist?
Lilly: Na, durch das große Tor.
Pauli: Ist das der einzige Weg, um in die Burg zu kommen?
Karl: Ja. Dadurch hat man es leichter die Burg zu verteidigen, weil auch die Feinde nur über einen einzigen Weg in die Burg kommen können.
Pauli: Ist denn beim Tor kein Graben?
Lilly: Doch, aber da ist eine Brücke, die über den Burggraben führt, damit die Menschen in die Burg hinein gehen können.
Pauli: Aber dann können doch auch die Feinde über diese Brücke in die Burg.
Karl: Deswegen haben die Menschen dort eine Zugbrücke hingebaut.
Pauli: Was ist eine Zugbrücke?
Karl: Komm, wir zeigen es dir gleich, wenn wir beim Tor angekommen sind. Dann verstehst du auch, was wir meinen.
Autor: Die drei liefen noch ein Stückchen weiter über die Mauer, dann kamen sie endlich zum großen Tor. Es war ein schönes Tor. Rechts und links davon waren zwei kleine Türmchen, dazwischen einige prächtige Zinnen und über dem hohen Torbogen prangte das stolze Wappen der Burg Semmelstädt. Vom Tor aus führte eine einfache Holzbrücke über den tiefen Burggraben. Am Ende der Brücke, waren zwei schwere Eisenketten befestigt, die mit dem Tor verbunden waren.
Karl: Das ist die Zugbrücke. Sie sieht nicht besonders schön aus, aber sie erfüllt ihren Zweck. An den beiden Eisenketten kann man die Brücke nämlich hochziehen, sodass sie nicht mehr über den Burggraben führt, sondern das große Tor von außen verschließt. So dient die Brücke in Friedenszeiten zum Überqueren des Burggrabens und in Kriegszeiten als zusätzlicher Schutz für das Tor.
Lilly: Genial!
Autor: Lilly war begeistert, während Pauli noch nachdenklich auf die Zugbrücke blickte.
Pauli: Mmh, weißt du, Karl August Baltasar, woran ich gerade denken musste?
Karl: Woran denn?
Pauli: Du hast doch gestern erzählt, dass Gott unsere Burg ist, in der wir sicher sind. Und da habe ich mich gefragt, ob es bei Gott auch so etwas wie einen Burggraben oder eine Zugbrücke gibt.
Karl: Interessanter Gedanke Pauli, darauf wäre ich gar nicht gekommen. Mmh, aber ich glaube, dass das Bild gar nicht mal so verkehrt ist, auch wenn es natürlich nur ein Bild ist. Ich denke, den Burggraben kann man gut mit der Sünde vergleichen, die eine Trennung zwischen uns und Gott macht, die wir Menschen unmöglich überwinden können.
Lilly: Und was ist dann die Zugbrücke?
Karl: Na, überleg mal.
Lilly: Jesus?
Karl: Richtig. An einer Stelle in der Bibel sagt Jesus, dass er der einzige Weg zu Gott ist – so wie eine Zugbrücke ja auch der einzige Weg in die Burg ist.
Pauli: Und weil er das Problem der Sünde beseitigt hat, kann er auch über den tiefen Burggraben führen.
Karl: Sehr gut! Und an einer anderen Stelle bezeichnet er sich selbst als die Tür, die zu Gott führt.
Lilly: So wie das Tor, durch das man in die Burg kommt, nachdem man über die Brücke gegangen ist.
Karl: Genau! Ich finde das ist ein sehr gutes Bild, Pauli. Und ihr habt in den letzten Tagen schon eine Menge darüber gelernt, warum wir Weihnachten wirklich feiern.
Pauli: Allein deswegen hat sich die Suche der Krippenfigur schon gelohnt.
Karl: Das stimmt, aber ich hoffe wir finden Jesus auch noch irgendwann. Ein paar Tage haben wir ja noch Zeit. Und jetzt lasst uns noch den Rest der Mauer entlanglaufen. Es wird langsam ziemlich kalt hier, wenn man sich nicht mehr bewegt.