1. Dezember 2024

Ein Hörbuch von Micha Wackerhage – Teil 1

Autor: Unsere Geschichte spielt vor vielen, vielen Jahren, zu einer Zeit, als es noch Burgen und Schlösser gab, in denen mächtige Könige lebten und über ihr gewaltiges Reich regierten, wo Prinzessinnen in glänzenden Kleidern umhergingen und wo noch Ritter an reich gedeckten Tafeln saßen und auf kräftigen Pferden durch das Land ritten. Und in ebenso einer Burg lebten auch drei Mäuse: der kleine Pauli, die fröhliche Lilly und der pfiffige Karl August Baltasar. Natürlich war es nicht ihre Burg. Eigentlich gehörte sie dem jungen König Heinrich Theodor Siegfried dem Ängstlichen, König über Semmelstädt und Weckenberg, aber der spielt in unserer Geschichte nur eine untergeordnete Rolle. Burg Semmelstädt lag auf dem alten Weckenberg und der wiederum lag in dem Königreich Semmelstädt. Es war kein großes Königreich. Eigentlich war es nur ein mittelgroßes Dorf mit seinen dazu gehörigen Feldern und Wiesen und auch der Weckenberg war eher ein mittelgroßer Hügel, aber da König Heinrich Theodor Siegfried der Ängstliche auch nur ein mittelgroßer König war, war ihm das ganz recht. Doch nun zurück zu unserer Geschichte. In Burg Semmelstädt war es seit Generationen Sitte, dass jedes Jahr am 1. Dezember das große Weihnachtsschmücken stattfand. So auch am 1. Dezember des Jahres drölfhundertvierundelfzig, in dem unsere Geschichte spielt. War das ein fröhliches Treiben! Überall sah man geschäftige Menschen und leuchtende Farben, hörte fröhliches Gelächter und hier und da auch schon das ein oder andere Weihnachtslied.

Auch unsere drei kleinen Mäuse sahen dem Spektakel von der Burgmauer aus zu. Der kleine Pauli war besonders aufgeregt. Für ihn war es das erste Weihnachtsschmücken auf Burg Semmelstädt.

Pauli: Sieh nur, Lilly, jetzt spannen sie die große Girlande über den Innenhof. Vom Burgtor bis zum Brunnen. Sieht die aber schön aus!

Lilly: Was meinst du, wie schön es erst aussehen wird, wenn alle Girlanden hängen, Pauli. Insgesamt sind es sechs Girlanden, die jedes Jahr aufgehängt werden. Und am Brunnen in der Mitte des Innenhofes laufen sie immer zusammen.

Pauli: Wow! Das muss dann ja wie ein großer, bunter Stern aussehen!

Karl: Genau, Pauli! Doch am schönsten sieht es abends aus, wenn die Sonne langsam untergeht und die Dämmerung beginnt.

Pauli: Abends? Aber dann sieht man doch die vielen Farben nicht mehr, weil alles so Dunkel ist.

Karl: Das ist richtig, aber an die Girlanden werden immer noch Windlichter gehängt, in denen kleine Kerzen sind. Und jeden Abend geht dann ein Mann herum und zündet alle Kerzen an, sodass der ganze Innenhof von vielen kleinen Kerzen beleuchtet wird.

Lilly: O ja! Und wenn ein Windstoß kommt, dann schaukeln die Lichter immer so fröhlich in der Luft. Und die Schatten auf dem Boden sehen dann so aus, als würden sie tanzen.

Pauli: Wie gemütlich! Und das wird jedes Jahr so gemacht?

Karl: Genau. Jedes Jahr am 1. Dezember.

Lilly: Dann weiß man immer, dass es nur noch 24 Tage sind und dann ist Weihnachten!

Pauli: Weihnachten? Was ist Weihnachten?

Lilly: Du weißt nicht, was Weihnachten ist?

Pauli: Nein.

Karl: An Weihnachten feiern wir, dass Jesus geboren wurde.

Pauli: Also eine Geburtstagsfeier?

Karl: (lacht) So ähnlich könnte man es wahrscheinlich nennen. Nur besonderer. Mmh, wie soll ich dir das erklären?

Lilly: Seht nur! Da kommt der alte Klepper wieder!

Autor: Lilly hatte Karl August Baltasar aus seinen Gedanken gerissen. Gespannt sahen die drei Freunde zum Burgtor hinüber. Und tatsächlich kam der alte Klepper gerade schnaufend über die Zugbrücke gestapft. Er war das alte Zugpferd der Burg Semmelstädt, wurde aber nur noch selten gebraucht. Doch heute war er wieder voll im Einsatz. Vor rund einer Stunde war er mit einigen Männern hinunter ins Tal gegangen und nun zog er eine riesige Tanne hinter sich her.

Lilly: Der Tannenbaum ist da!

Pauli: Wozu ist der denn da?

Lilly: Der wird auch jedes Jahr aufgestellt und mit bunten Kugeln, Tannenzapfen, Äpfeln und vielen Kerzen geschmückt.

Pauli: Aber im Innenhof ist doch fast kein Platz mehr für so einen großen Baum.

Lilly: Der Tannenbaum wird ja auch in der großen Schlosshalle aufgestellt.

Pauli: In der Schlosshalle? Warum stellt man denn einen Baum in sein Haus? Da wachsen die doch nicht.

Lilly: Nein. Das ist ein alter Weihnachtsbrauch. Warum man das macht, weiß ich auch nicht, aber er sieht immer sehr schön aus!

Karl: Und am schönsten finde ich immer die Krippe, die in der Schlosshalle unter dem Weihnachtsbaum aufgebaut wird.

Pauli: Was für eine Krippe denn?

Karl: Das ist die Geburt Jesu, die nachgebaut wird. Die müssen wir uns morgen unbedingt ansehen. Dann kann ich dir dort auch erklären, warum wir Weihnachten feiern.

Lilly: O ja! Können wir nicht jetzt schon dahin gehen?

Karl: Auf keinen Fall! Jetzt ist die Schlosshalle doch noch voller Menschen, die alles festlich schmücken. Da werden wir noch gesehen. Aber morgen Abend, wenn keiner mehr dort ist, können wir uns den Baum und die Krippe zusammen ansehen.

Pauli: O ja! Da bin ich schon gespannt!

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